Schäfer Bernd Allmendinger begleitet seine Tiere bei Wind und Wetter
Der Blick des Schäfers streift über seine Herde, die vor der malerischen Kulisse einer Hügelkette eine Wiese abgrast. Der sanfte Wind bringt einen Hauch Frühlingswärme mit sich, erste Bäume blühen in der Ferne. Seine beiden Hütehunde sitzen treu an seiner Seite und haben ihre Herde wachsam im Auge. Idylle pur! Mit Tieren arbeiten und dabei draußen sein in der Natur – das hört sich für viele nach einem romantischen Traumjob an. Für Bernd Allmendinger aus Allmersbach im Tal ist es schlicht der einzige Beruf, der für ihn in Frage kam: „Ich habe nie darüber nachgedacht, es war mir immer klar, dass ich den Hof übernehme.“
-
Durch Feld und Flur
Immer dem Schäfer hinterher
Button
Arbeit rund ums Jahr
Doch mit der Idylle und der Romantik ist das so eine Sache. Denn neben dem 73-jährigen Vater und den eigenen Kindern helfen und arbeiten auch Allmendingers Schwester und ihr Mann rund ums Jahr unentgeltlich mit. Nur so kann die Schäferei rentabel weitergeführt werden. „Das gibt es nur in der Landwirtschaft, dass so viele Menschen arbeiten müssen, damit eine Familie davon leben kann“, meint der Schäfer nüchtern. „Wenn wir mit der Herde draußen sind, werden wir jeden Tag von begeisterten Menschen fotografiert. Honoriert wird unsere Arbeit aber kaum.“
Das ganze Jahr über gibt es viele Aufgaben, die allein nicht zu stemmen wären: Beispielsweise das Obst von Streuobstwiesen sammeln oder Heu und Stroh machen. Auch Hafer, Weizen und Gerste für den Winter baut der Landwirt selbst an – mit Hilfe seiner Familie. Dazwischen gibt es Betriebsprüfungen des Landwirtschaftsamtes, die sich auch mal gut und gerne über sechs Wochen ziehen können. Doch was sein muss, muss eben sein. Und Bernd Allmendinger weiß seine Ansprechpartner auf Behördenseite zu schätzen: „Wir haben hier ein gutes und verständnisvolles Miteinander.“
Alles dreht sich um die Herde
Die Versorgung der Tiere steht im Mittelpunkt der Arbeit und ist das ganze Jahr über die wichtigste Aufgabe von Bernd Allmendinger und seiner Familie. Während die Schafe mit den kleinen Lämmern im trockenen und vor Wind schützenden Stall untergebracht sind, ist die zweite Herde draußen unterwegs, pflegt auf ihrem täglichen Streifzug die Kulturlandschaft oder sucht sich ihr Futter auf den Winterweiden rund um Allmersbach und Backnang. Nur wenn Schnee und Eis Überhand nehmen, ist die ganze Herde im Stall. „Ein Schaf ist lieber draußen – und der Schäfer auch“, lacht Bernd Allmendinger. Das heißt aber auch: Ob Regen oder 30 Grad im Schatten: Ein Schäfer ist bei jedem Wetter unterwegs.
So modern die großen und luftigen Ställe von Bernd Allmendinger auch wirken: Seine Arbeit ist zu einem großen Teil sehr ursprünglich: „Wir halten Schafe ganz klassisch, wie vor 100 Jahren. Nur eben ein paar mehr.“ In seiner Herde aus 800 Mutterschafen und ihrer Nachzucht setzt der Schäfer ganz auf die Rasse der Merinolandschafe. Sie liefert Fleisch und Wolle. Wobei letztere praktisch bedeutungslos geworden ist. „Über Generationen haben Schäfer von der Wolle gelebt“, berichtet Bernd Allmendinger. Heute ist die Schur für ihn ein Minusgeschäft: Der Verkauf der Wolle deckt nicht einmal die Kosten der Schurkolonne. „Es ist wirklich schade, dass Wolle als Naturprodukt und mit ihren tollen Eigenschaften keinen Wert mehr hat“, findet Bernd Allmendinger.
Während er die Wolle über einen Händler meist ins Ausland verkauft, setzt der Tierwirtschaftsmeister mit Schwerpunkt Schafhaltung bei allen anderen Produkten auf reine Selbstvermarktung. Seine Lämmer schlachtet er mit EU-Zulassung selbst direkt auf dem Hof. Das Fleisch verkauft er über seinen Hofladen oder auch den Edeka-Markt im benachbarten Unterweissach. Die Felle lässt er gerben und bietet sie neben anderen Produkten aus Schafwolle ebenfalls in seinem Hofladen an.
Hochsaison für deutsche Fleischabnehmer ist traditionell an Ostern. Doch nur etwa 0,9 Kilogramm Schaffleisch isst Bernd Allmendinger zufolge ein Deutscher im Schnitt pro Kopf und Jahr. Gut, dass er viele muslimische Kunden hat, die das Fleisch von Schafen schätzen. Aber auch Menschen, die aus Griechenland oder Italien stammen, zählen zu seinen Stammkunden. Zudem bestellen viele Gaststätten ihr Lammfleisch bei ihm.
Dabei kommt Bernd Allmendinger zugute, dass er seine Schafe so decken lässt, dass rund ums Jahr Lämmer zur Welt kommen. Geschlachtet werden sie im Alter von etwa einem halben Jahr. Doch im Gegensatz zu beispielsweise Schweinen ist es für den Schäfer nicht ausschlaggebend, ob das Fleisch einen Monat früher oder später gebraucht wird: Das Lammfleisch ist jederzeit von guter Qualität und so kann er die Anzahl der geschlachteten Tiere an der Nachfrage ausrichten.
Dabei ist das Schaf auch in der heutigen Zeit noch immer ein extensives Tier. „Beim Schaf gibt es seit 100 oder mehr Jahren ein Lämmle pro Jahr“, erklärt Bernd Allmendinger. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Und noch etwas wird sich so schnell nicht ändern: Familie Allmendinger bleibt auch in der nächsten Generation den Schafen verbunden. Denn der 18-jährige Sohn Michael wird im Herbst seine dreijährige Ausbildung an der Lehrschäferei in Triesdorf abschließen. „Ob das richtig war, weiß ich nicht“, zweifelt Bernd Allmendinger an der Berufswahl seines Sohnes. „In der Industrie hätte er es sicher leichter gehabt, mehr Freizeit und einen sicheren Lohn.“ Doch dann schwingt unverkennbar Stolz in seiner Stimme mit, wenn er davon erzählt, dass ab Herbst in Allmersbach im Tal drei Generationen gemeinsam die Familientradition als Schäfer fortführen.