Hofporträt Familien Brück und Mücke

Zusammenarbeit für beste Gesundheit im Schweinestall

Zwei Landwirtsfamilien aus Seibotenberg gehen mit ihren Borstentieren neue Wege

Seit drei Generationen arbeiten die Familien Brück und Mücke eng zusammen. Was als Maschinenkooperation der Großväter in den 1960er Jahren begann, hat inzwischen weitaus größere Ausmaße angenommen. Denn die beiden Familien haben sich abgesprochen und gemeinsam entschieden, zeitgleich ihre Ställe zu leeren und mit der Zucht von vorne zu beginnen.

Moderne Schweinehaltung

In Gerabronn-Seibotenberg gibt es gleich drei wichtige Stufen der Schweinehaltung: Im Stall von Ulrich, Timo und Marco Brück werden Jungsauen gezüchtet. Sie sind nicht für die Mast vorgesehen, sondern werden nach erfolgreichem Zuchttauglichkeitstest als deckfähige Jungsauen an Ferkelerzeuger wie Thomas und Franziska Mücke vom Nachbarhof verkauft. 160 Muttersauen hält das junge Landwirtsehepaar. Die beiden mästen zudem einen Teil der erzeugten Ferkel selbst. Den anderen Teil verkaufen sie an reine Mastbetriebe, vorwiegend mit kurzen Fahrwegen in der Region.



Doch Schweinezüchter und -mäster haben es derzeit schwer. Bis vor wenigen Tagen lag der Erlös für ihre Tiere völlig am Boden. Aktuell sorgen stark gestiegene Preise für Futter, Kraftstoff und Dünger für neue große Herausforderungen. „Wenn die Schweinehaltung für Ferkelerzeuger wirtschaftlich sein soll, müsste unter normalen Umständen und den bisherigen Kosten für Futter und Energie der Verkaufspreis für ein 25-kg-Ferkel bei circa 60 Euro liegen. Doch auch dieser Preis müsste derzeit täglich steigen, da auch alle anderen Kosten für den Erzeuger durch die Decke gehen“, erklärt Ulrich Brück. „Teilweise kostendeckend arbeiten können nur noch Landwirte, die bereits in einem Vermarktungsprogramm sind.“

Schweine vor Krankheiten schützen

Zum anderen stehen Landwirte mit Schweinehaltung auch immer wieder unter Generalverdacht: Ihre Ställe sind von außen schwer einsehbar, teilweise mit Zäunen abgesperrt. „Für viele Menschen beginnt beim Anblick eines Schweinstalls das Kopfkino. Man kommt als Außenstehender meist nicht in den Stall. Also muss da wohl was Schlimmes drin passieren, was man nicht sehen soll. Dabei ist es genau andersrum: Wir schützen unsere Tiere vor den Einflüssen von außen“, sagt Timo Brück. Denn Menschen aber auch Wildtiere können Krankheiten wie die Afrikanische Schweinepest auf die Hausschweine übertragen – mit verheerenden Folgen für den Landwirt und seinen Tierbestand.



„Nicht alle Krankheiten, die in den Stall eingeschleppt werden können, müssen tödlich sein. Dann müssen wir die Schweine jedoch mit Impfstoffen, Medikamenten oder Antibiotika behandeln. Das wollen die Verbraucher nicht, weil sie unbehandeltes Fleisch möchten. Und wir wollen das nicht, weil wir gesunde Tiere wollen und kein zusätzliches Geld für Medikamente ausgeben möchten“, erklärt Marco Brück ein häufiges Missverständnis. „Wie beim Menschen auch müssen Tierärzte Medikamente bei Bedarf verschreiben. Wir Landwirte haben beispielsweise Antibiotika nicht in großen Mengen im Schrank stehen.“ Thomas Mücke ergänzt: „Ich weiß auch nicht wie die Leute darauf kommen, dass in der modernen Landwirtschaft generell Antibiotika im Tierfutter sein sollen. In unserem Maststall haben wir in den vergangenen zehn Jahren Antibiotika nur in geringen Mengen eingesetzt. Von flächendeckendem Einsatz oder derartigem kann nicht die Rede sein.“ Generell spielt Hygiene im Schweinestall eine bedeutende Rolle. Auch Wasser, Futter und Frischluftzufuhr müssen für Harmonie im Stall einwandfrei sein. „Wenn einer der Faktoren nicht stimmt, werden die Tiere schnell unruhig. Das wollen wir Schweinehalter natürlich unbedingt vermeiden.“

Doch warum haben sich die beiden Landwirtsfamilien trotz aller Widrigkeiten für eine neue Zuchtlinie entschieden und die Ställe zeitgleich leer stehen lassen? Auch hier lautet die Antwort: Es geht um die Gesundheit der Tiere. Krankheiten wie PRRS (Porcine reproductive and respiratory syndrome virus) und Mykoplasmen sind in einem Großteil der deutschen Schweinehaltung verbreitet und führen unter anderem zu Früh- oder Totgeburten aber auch Lungenentzündungen im Tierbestand und machen ihn anfälliger für andere Erkrankungen, erklären die Landwirte. Schutzimpfungen der Schweine helfen, diese Krankheiten am Ausbruch zu hindern. Doch die kosten die Landwirte viel Geld – Geld, das man sich in Seibotenberg künftig sparen wird.


Die neue Zuchtlinie ist widerstandsfähiger gegen bestimmte Viren und die Elterntiere der Zuchtsauen sind keine Überträger. „Aber auch unsere Schweine können sich mit PRRS und Mykoplasmen anstecken“, erklärt Timo Brück. „Doch sie tragen die Erreger nicht in sich, wenn sie unseren Stall verlassen.“ In Beständen ohne Mykoplasmen und PRRS ist damit keine Impfung notwendig. „Als Schweinevermarkter muss man bei den aktuellen Preisen an diesen Schräubchen drehen“, erklärt Ulrich Brück.


Die neue Zuchtlinie hat höchsten Gesundheitsstatus, erklärt Timo Brück: „Das heißt geringere Tierarztkosten und bessere biologische Leistung wie zum Beispiel Zunahme und Futterverwertung bei den Mastschweinen.“ Und einen weiteren Vorteil sieht der junge Landwirt in der Umstellung der Zuchtlinie: „Die Sauen, die wir jetzt züchten, passen besser zu den Anforderungen der neuen Schweinehaltungsverordnung. Sie sind mütterlicher, dadurch wird das freie Abferkeln ohne Kastenstand bzw. das Abferkeln in Bewegungsbuchten erleichtert und die Erdrückungsverluste durch die Muttertiere sind nicht so groß. Außerdem ist das Halten der Tiere mit unkupierten Ringelschwänzen sehr gut möglich.“


Zuchtsauen, Ferkelerzeugung und Schweinemast liegen in Seibotenberg nur wenige 100 Meter voneinander entfernt. Zu den nächsten Betrieben mit Schweinehaltung sind es mehrere Kilometer. Da sich die Erreger im engen Umkreis auch über die Luft verbreiten ist klar, warum die Neuausrichtung nur funktioniert, wenn beide Landwirtsfamilien an einem Strang ziehen. Die Familien Brück und Mücke sind sich einig: Ihnen bringt auch in diesem Fall die von den Großvätern begonnene Zusammenarbeit nur Gutes. „Wir haben durch die enge Kooperation den Vorteil, dass wir absolut gesunde Jungsauen geliefert bekommen“, freut sich Thomas Mücke.



Und so standen die Schweineställe in Seibotenberg im vergangenen Jahr von Anfang Mai bis Mitte Juni leer. Eine lange Zeit, in der die Schweinhalter zwar ihre Ställe für die neuen Bewohner herrichteten, die tägliche Stallarbeit mit Füttern und Misten jedoch fehlte. Für Thomas Mücke, den die Arbeit mit den Schweinen schon sein ganzes Leben begleitet, eine ungewohnte Situation: „Ich war froh, als endlich wieder Ferkel im Stall waren und normaler Alltag eingekehrt ist.“

Was unterscheidet Jungsauenvermehrer, Ferkelerzeuger und Mäster?

Um ein ideales Schwein für die Mast zu erhalten, setzt die moderne Schweinezucht auf die mehrstufige Kreuzung von Rassen. Ferkelerzeuger kaufen dafür in der Regel deckfähige Jungsauen von Jungsauenvermehrern zu. Diese sogenannten Hybridjungsauen, die aus der Kreuzung zweier Schweinerassen entstehen, haben unter Berücksichtigung von fruchtbaren und mütterlichen Eigenschaften der Elterntiere die besten Erbanlagen vererbt bekommen. Basis hierfür ist der Heterosis-Effekt. Er beschreibt die Steigerung der Leistungsfähigkeit durch Kreuzung zweier verschiedener Rassen. Beim Ferkelerzeuger werden diese Jungsauen dann mit einem Eber angepaart, der beispielsweise Fleischfülle oder eine gute Futterverwertung weitervererbt. Die daraus entstehenden Ferkel werden dann im Mastbetrieb, oftmals auch im eigenen, bis zur Schlachtreife gemästet.

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