Ihre Größe, das dunkle Fell und die Hörner verleihen den Tieren etwas Majestätisches: Eine Herde Bisons grast ruhig und dennoch stets aufmerksam auf einer weitläufigen Weide. Mindestens eines von ihnen hat die Besucher immer im Blick und löst allein damit beim Betrachter einen gewissen Respekt aus. Noch viel bemerkenswerter als die Tiere selbst ist das ehrenamtliche Engagement ihrer Besitzer. Familie Humpfer legt rund um ihre Bison-Weiden den Lehrpfad „Hohenloher-Prärie-Trail“ an, und der ist für kleine und große Besucher jederzeit offen und kostenlos!
Joachim Humpfer blickt von der Aussichtsplattform der Grillhütte über eines seiner Bison-Gehege: „Diese Weide liegt auf drei verschiedenen Gemarkungen und zwei Bundesländern. Direkt unter uns, in 15,3 Meter Tiefe, verläuft die Röhre Nummer 2 der Schandtauber, der größten bekannten Muschelkalkhöhle Süddeutschlands“, schwärmt er von dem Hof, auf dem er aufgewachsen ist. Auch wenn das Wohnhaus der Humpfers an ein amerikanisches Gebäude erinnert und die ganze Familie von Reisen durch die USA und Kanada schwärmt, zeichnet sie eine besondere Heimatverbundenheit aus.
1735 wird der Hof in Standorf erstmals erwähnt. Bis heute ist er ein landwirtschaftliches Anwesen, doch hat sich sein Gesicht im Lauf der Zeit und insbesondere seit der Übernahme durch Joachim Humpfer deutlich gewandelt. Mitte der 1990er Jahre absolviert er eine landwirtschaftliche Lehre, gefolgt vom Studium zum Diplom-Agrar-Ingenieur. Wirtschaftlicher Mittelpunkt ist heute eine Biogasanlage mit 720 KW Leistung. Die Anlage versorgt fast ganz Standorf und den Ort Leuzendorf mit Nahwärme. „Ohne die Biogasanlage gäbe es keine Bisons und keinen Hohenloher-Prärie-Trail“, hält Joachim Humpfer fest.
Neben den Bisons gibt es eine Reihe weiterer tierischer Bewohner: Eine kleine, aber feine Trakehner-Zucht trägt zum Erhalt der ältesten Reitpferderasse Deutschlands bei. Auch Angus-Rinder findet man auf den Weiden der Humpfer-Ranch. Sie werden auf dem Hof geboren, wachsen dort auf und auch die Schlachtung findet so stressfrei wie möglich vor Ort statt. Neben den Bienenvölkern des Onkels komplettiert Deutsch Kurzhaar Zuchtrüde Artos vom Eichendorf den Tierbestand der Humpfers. Er begleitet seine Besitzer auch regelmäßig zur Jagd.
„Es macht keinen Spaß, ein Tier zu töten. Aber es ist notwendig, wenn man Fleisch essen will“, sagt Katrin Humpfer mit Überzeugung in der Stimme. Die Jagdleidenschaft kommt der Lehrerin und ihrem Mann auch bei der Haltung der Bisons zugute: Die Wildtiere lassen sich nicht einfach in einen Hänger treiben und zum nächsten Schlachthof transportieren. Sie werden auf der Weide geschossen – ein artgerechtes und stressfreies Leben bis zur letzten Minute.
Die Idee, Bisons zu halten, entstand 2002 bei einer Tour durch Kanada, wurde aber zunächst nicht weiterverfolgt. Als Joachim Humpfer vor etwa acht Jahren in einem Prospekt eines örtlichen Einzelhändlers „Edelfleisch vom Bison“ entdeckte, erwachte die Idee zu neuem Leben. Denn die Recherche zeigte: Der Selbstversorgungsgrad mit Bisonfleisch liegt in Deutschland gerade mal bei sieben Prozent. Über den Umgang mit den bis zu 900 Kilogramm schweren Tieren informierte sich Familie Humpfer aus erster Hand auf einer Bison-Ranch in Kanada. Zudem wollte ein Betrieb in der Eifel 2016 mit der Bison-Haltung aufhören und es standen fünf Elterntiere zum Verkauf.
Doch aus dem geplanten Kauftermin im August 2016 wurde nichts. Dem Ehepaar Humpfer fehlte der „Sachkundenachweis für nicht domestizierte Wiederkäuer“, um die Haltung der Bisons genehmigt zu bekommen. Wie genau der Nachweis aussehen sollte, war nicht definiert. So sammelte Familie Humpfer alle Ausbildungsnachweise aus Landwirtschaft und Jagd zusammen und schickte sie ans zuständige Veterinäramt. Dieses stellte daraufhin eine Prüfung mit 60 Fragen zusammen. „Diesen Test haben wir dann mit Bravour bestanden“, berichtet Joachim Humpfer. Damit gehörte die Familie zu den heute rund 25 Bisonhaltern in Deutschland und konnte 2017 endlich die gekauften Tiere nach Standorf holen.
Der Erfolg gibt Familie Humpfer Recht: Das Fleisch ihrer Bisons ist begehrt, schon vor der Schlachtung so gut wie ausverkauft. „Das Fleisch ist vom Gesundheitswert hochinteressant“, erklärt Katrin Humpfer. Denn neben edlem Geschmack bietet es kaum Fett, einen hohen Eisengehalt und besonders leicht verdauliches Eiweiß bei niedrigstem Cholesteringehalt. In Kooperation mit dem Heckengäu-Koch Markus Koppe aus Bietigheim-Bissingen gibt es im Verkaufsstand auf der Humpfer-Ranch auch fertige Bison-Rouladen, Ranger-Gulasch und viele weitere leckere Gerichte für Zuhause.
Mit der Bison-Zucht und der Unterstützung der Zimmerei Wolfgang Schöller wächst auch der „Hohenloher-Prärie-Trail“ zusehends. Besucher erwartet hinter dem großen Eingangstor das Bison-Gehege „Dreiegla“, auf welchem Bisonkühe mit ihren Kälbern zu sehen sind. Eine große Grillhütte mit Aussichtsplattform wird in Kürze durch einen Kinderspielplatz von der Firma Eibe ergänzt. Barfußpfad und Heckendurchschlupf können auf dem zwei Kilometer langen Rundweg bereits ausprobiert werden. In Planung ist der „Skywalk Standorf“, ein Aussichtsplateau über eine der weitläufigen Sommerweiden. Seit kurzem kann man den Bisons nicht nur auf dem „Hohenloher-Prärie-Trail“ nahe sein. Drei Wohnwagenstellplätze mit Blick auf die Weiden können mit einer Vignette des Gastgeber-Netzwerks „Landvergnügen“ genutzt werden.
Sicherlich wird es auch in Zukunft jede Menge rund um die Humpfer-Ranch in Standorf zu entdecken geben. Wer mit Katrin und Joachim Humpfer über ihre weiteren Pläne spricht, kann deutlich spüren, dass bei den beiden ständig neue Ideen sprudeln. Katrin Humpfer fasst das in einem kurzen Satz zusammen: „Es ist unsere Herzens-Lebensaufgabe.“