Hofporträt Familie Marquardt

Das Wohl der Tiere steht im Vordergrund

Martin Marquardt schwört auf konventionelle Landwirtschaft in Hohenlohe

Auf dem Hof von Familie Marquardt in Rot am See-Buch dreht sich alles um die Pute. Martin Marquardt führt seinen Betrieb konventionell. Er wünscht sich, dass die hohen Standards der deutschen Landwirtschaft von den Verbrauchern honoriert werden.

Neue Wege für den Hof in Rot am See-Buch

Konventionell, was bedeutet das überhaupt? Beim Blick in den Duden findet man die Definition „herkömmlich, hergebracht“. Auf dem Hof Marquardt wird also herkömmliche Landwirtschaft betrieben? Wer mit Martin Marquardt ins Gespräch kommt, stellt schnell fest, dass diese Bezeichnung nicht so recht zu seinem Betrieb passen will. Denn er sagt: „Man darf sich als Landwirt nicht verschließen und muss sich anpassen. Wir sind offen für Neues.“


Bereits 1979 ging man auf dem Hof neue Wege: Der traditionelle Betrieb mit Schweinen und Kühen wurde um einen Putenstall erweitert. „Das Federvieh“ war damals Neuland für Familie Marquardt. „Mein Vater hat den ersten Stall gebaut, ohne zu wissen, wie es wird“, erinnert sich der Landwirt. Der Erfolg gab ihm Recht und mit der Zeit verschwanden Kühe und Schweine vom Hof. Seit 1996 konzentrieren sich Marquardts ausschließlich auf ihre Puten, deren Ställe sie auf einen Aufzucht- und vier Mastställe erweitert haben.

Puten leben im Tierwohlstall

Die Küken, die bei Ankunft auf dem Hof einen Tag alt sind, liegen Martin Marquardt und seiner Frau Stephanie besonders am Herzen. Die zarten gelben Federbällchen wiegen bei Ankunft gerade einmal 70 Gramm. Sie erwartet ein vorgeheizter Stall, direkt unter dem Gasstrahler erreicht die Temperatur 37 Grad. Ein großer Ring sorgt dafür, dass die Kleinen in den ersten Tagen in der Nähe der Heizquelle bleiben. Für die Küken ist der Stall mit Hobelspäne eingestreut. Das macht den Boden griffig und gibt ihnen den besten Halt. „Zwischen 6 Uhr morgens und Mitternacht sehen wir in der ersten Woche stündlich nach den Küken“, berichtet Stephanie Marquardt. Eine zeitintensive Aufgabe.


Nicht nur in der ersten Woche ist der Ablauf auf dem Hof streng getaktet: „Wir arbeiten im 13-Wochen-Rhythmus“, erklärt die Landwirtsfrau. Das heißt, der Hof erhält vier Mal im Jahr Putenküken, die im klimatisierten LKW von den Brütereien geliefert werden. Familie Marquardt setzt dabei ausschließlich auf Hähne, auch wenn das Handling der deutlich leichteren Hennen einfacher wäre. Im Alter von neun Wochen ziehen die Jungputen aus dem Aufzuchtstall in die Mastställe um. Nach 21 Wochen haben die Hähne ihr Schlachtgewicht von rund 21 Kilogramm erreicht. Auf dem Hof Marquardt werden sie von Hand verladen und auf ihre letzte Reise geschickt. Dabei erhält die Familie Unterstützung von Firmen mit speziell für diesen Zweck geschulten Mitarbeitern. Der Verkauf erfolgt wie bei allen 68

Mitgliedsbetrieben über die Württembergisch-Fränkische Putenerzeugergemeinschaft an einen der vier Putenvermarkter in Deutschland.


Die Puten auf dem Hof Marquardt werden nach der Aufzuchtphase mit veganem, gentechnikfreiem Futter gefüttert. Für Martin Marquardt ist das ein weiterer Beweis, dass konventionelle Landwirtschaft in Deutschland höchste Standards für Tier und Verbraucher bedeutet. „Doch die Haltungsbedingungen hierzulande führen auch zu höheren Produktionskosten“, sagt der Landwirt. „Daher ist es wichtig, dass Verbraucher bereit sind, die hohen Standards zu honorieren, sonst hat die Putenhaltung hier keine Zukunft und das Putenfleisch muss künftig aus dem Ausland importiert werden.“

Mehrfach am Tag kontrolliert Familie Marquardt die Mastställe: Geht es den Puten gut, stimmen Futter und Wasser? „Das A und O ist das Klima im Stall, damit die Tiere gesund bleiben und gut wachsen“, sagt der Landwirt. Die Mastställe sind mit Stroh eingestreut und mindesten drei Mal in der Woche wird nachgestreut. „Es ist für die Tiere wichtig, dass sie auf frischer Einstreu stehen“, erklärt der Geflügelmeister. Die Puten auf dem Hof Marquardt leben in Tierwohlställen mit Außenklima. Um die Anerkennung als Tierwohlstall zu bekommen, muss pro Pute mehr Platz zur Verfügung stehen. Familie Marquardt hält daher zehn Prozent weniger Tiere pro Stall. Den Puten stehen mindestens zwei verschiedene organische Beschäftigungsmaterialien zur Verfügung. Diese Bedingungen werden mehrfach im Jahr überprüft, teilweise unangekündigt.


Bei so viel Engagement in Sachen Tierwohl wundert es nicht, dass Martin Marquardt vom Bild der konventionellen Landwirtschaft in der Öffentlichkeit frustriert ist. „Selbst in den Schulbüchern meiner Kinder wird konventionelle Landwirtschaft als schlecht dargestellt“, erzählt er. Das hat Sohn Moritz nicht davon abgehalten, sich für ein Landwirtschaftsstudium in Triesdorf zu entscheiden. „Ich habe den Betrieb von meinen Eltern übernommen und ausgebaut für die nächste Generation“, freut sich Vater Martin über diese Entscheidung. Für ihn steht fest: „Nur wenn es den Puten gut geht, geht es meiner Familie und mir auch gut. Konventionelle Landwirte in Deutschland müssen sich nicht verstecken. Wir haben hohe Standards in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit, auch wenn die Öffentlichkeit das oft nicht wahrnimmt. Ich bin überzeugt von konventioneller Landwirtschaft.“

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