Nitrat ist wasserlöslich. Es kann aus dem Boden ausgewaschen werden und so beispielsweise ins Grundwasser gelangen. Auch Oberflächengewässer können nitratbelastet sein. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle - und die Landwirtschaft ist nicht der einzige Verursacher.
Wohl kaum ein anderes Lebensmittel wird in Deutschland so streng kontrolliert wie das Trinkwasser. Das Umweltbundesamt atterstiert diesem wichtigen Lebensmittel durchweg eine sehr gute bis gute Qualität. Auch der Grenzwert für Nitrat wird nicht überschritten. Dies ist das Ergebnis eines Berichts des Umweltbundesamtes zur Trinkwasserqualität, veröffentlicht im Januar 2021.
Der Grenzwert von 50 mg/l orientiert sich nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) nicht an den möglichen Folgen einer lebenslangen Nitrataufnahme, sondern an den Bedürfnissen von Säuglingen, die jünger als drei bis sechs Monate sind. Sie haben ein weniger saures Magenmilieu, was die Reduktion von Nitrat zu Nitrit begünstigt. Weitere chemische Prozesse im Körper können im Anschluss für eine reduzierte Sauerstoffaufnahme sorgen, bekannt als Säuglingszyanose. Das UBA erläutert weiter: "Diese Gefährdungen treten jedoch erst dann auf, wenn der Grenzwert für Nitrat überschritten ist. Es gibt zudem überzeugende Daten, dass eine Methämoglobinämie mit einer bakteriellen Infektion einhergeht und gesunde Kinder auch bei erhöhtem Nitratgehalt nicht gefährdet sind."
Nitrat ist ein Umwandlungsprodukt von Stickstoff. Der Hintergrundbericht "Stickstoff - Element mit Wirkung" des Umweltbundesamtes von Mai 2021 nennt als Hauptquelle von Nitrat neben der Landwirtschaft auch die Ablagerung von atmosphärischen Stickstoffverbindungen sowie Industrie- und Kommunalabwässer. Dass letztere eine ernste Gefahr für Oberflächengewässer darstellen, verdeutlicht ein Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 9. August 2020. Nach Recherchen des Redakteurs Thomas Faltin wird rund 20 bis 30 mal im Jahr ein Gemisch aus Regen- und Abwasser - also auch die Fäkalien von Menschen - aus einem Regenüberlaufbecken direkt in Bäche und Flüsse geleitet. Kanalnetz und Kläranlagen wären sonst überlastet. Bei rund 7000 Regenüberlaufbecken in Baden-Württemberg erreicht eine große Menge an ungeklärten Abwässern unsere Seen und Flüsse.
Auch das deutsche Abwasserkanalnetz selbst ist nach einem Bericht des Umweltbundesamtes in schlechtem Zustand und entlässt Abwasser ungeklärt in den Boden und das Grundwasser.
Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg weist in ihrem Bericht zur Grundwasserüberwachung vom August 2020 seit 1994 landesweit einen deutlichen Rückgang der Nitratbelastung um mehr als ein Viertel (26 % ) aus.
Die aktuellsten öffentlich zugänglichen Zahlen stammen aus dem Jahr 2019 und zeigen landesweit eine Überschreitung des Schwellenwertes von 50 Milligramm pro Liter an knapp 9 % der 1766 Messstellen. An 160 Messstellen bzw. 18 % wurde ein Nitratgehalt über 37,5 Milligramm pro Liter gemessen. 676 Messstellen wiesen einen Nitratwert zwischen 15.1 und 37,5 auf. 775 Messtellen erreichen maximal 15 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser.
Im Umkehrschluss bedeuten diese Werte, dass an mehr als 91 % der Messstellen in Baden-Württemberg der gesetzte Grenzwert eingehalten wird.
Deutschland ist verpflichtet, alle vier Jahre Nitratmesswerte an die EU zu melden. Hierfür besteht ein Messnetz, an dessen Messstellen regelmäßig der Nitratgehalt des Grundwassers gemessen wird. Als Grundlage dient das sogenannte "Belastungsmessnetz". Dabei handelt es sich nach Angaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) um ein Sondermessnetz, dessen Messstellen eine hohe Nitrat-Ausgangsbelastung aufweisen. So soll die Wirksamkeit der Gegenmaßnahmen besser aufgezeigt werden können. "Das Belastungsmessnetz ist als Sondermessnetz jedoch nicht repräsentativ für eine Beschreibung der allgemeinen Nitratsituation im oberflächennahen Grundwasser in der Bundesrepublik", heißt es wörtlich in den Erklärungen des Ministeriums.
Der von Deutschland an die EU gemeldete Nitrat-Bericht aus dem Jahre 2020 weist laut Umweltbundesamt ca. 27 % der Messstellen in landwirtschaftlich genutzten Gebieten mit Nitratgehalten über dem zulässigen Grenzwert von mehr als 50 Milligramm je Liter aus. Im vorletzten Nitratbericht aus dem Jahr 2012 betrug der Anteil der hoch belasteten Messstellen noch fast 50 %. Für die Bewertung dieser Zahlen gibt das Umweltbundesamt jedoch zu bedenken, dass ab dem Nitratbericht 2016 ein neues Grundwassermessnetz zugrunde lag. Somit ist ein repräsentativer Vergleich der Grundwasserbeschaffenheit laut Umweltbundesamt nicht möglich.
Die Qualitätsgemeinschaft für nachhaltige Düngung und Ressourcenschutz e.V. (QDR) hat sowohl das neue als auch das alte Nitratmessnetz der Bundesrepublik Deutschland genauer unter die Lupe genommen und die beiden folgenden Filme darüber erstellt.
Quellen:
https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_nitrat_und_nitrit_in_lebensmitteln-187056.html
https://www.umweltbundesamt.de/themen/deutsches-trinkwasser-erhaelt-wieder-die-note-sehr
https://www.umweltbundesamt.de/themen/fremdwasser-in-der-kanalisation-belastet-klaerwerke
https://www.bmu.de/meldung/nitratkonzentration-im-grundwasser-bestimmen/